Ich nehme ein trauriges Ereignis zum Anlass meine Gedanken festzuhalten und mit euch zu teilen. Neben den zahlreichen Lebewesen, die für das Osterfest ihr Leben lassen mussten, kam es in der Nähe Magdeburgs zu einem Unglück, das mich fassungslos gemacht hat.
Am Vormittag des Ostersonntages entstand in einer Schweinezuchtanlage in Klein Wanzleben ein Großbrand, der stundenlang wütete und 160 Feuerwehrleute beschäftigte. Die Anlage beherbergt bis zu 70.000 Individuen in zahlreichen Gebäuden. Einige davon standen unkontrollierbar in Flammen, während sich im Inneren 45.000 Schweine befanden.
Es erschüttert mich, daran denken zu müssen, wie es jedem einzelnen Leben erging. Hilflos, eingepfercht und ohne Möglichkeit das Gebäude zu verlassen; in Angst, Stress und Panik. Es macht mich unglaublich traurig zu wissen, dass 2000 Ferkel unter einem eingestürzten Dach starben.
Die Frage, die mich umtreibt, ist, wieso dieses Ereignis keine Beachtung in der öffentlichen Berichterstattung fand. Niemand außer der lokalen Presse und des automatischen dpa-Feeds nahm Anteil am Geschehen und dem qualvollen Tod von Lebewesen. Die Antwort ist schnell gefunden und heißt Speziesismus.
Man stelle sich vor, ein Brand ähnlichen Ausmaßes wäre in einem Gebäude für Menschen ausgebrochen und hätte 2000 Opfer gefordert. Wie viele Berichte würden veröffentlicht, wie unendlich die Fragen von Journalist*innen, Politiker*innen und Bürger*innen. Wie oft käme die Frage nach dem »Warum«, nach der Verantwortung…?
Laut Polizei konnten 2000 Ferkel »auf Grund der vollen Brandausdehnung« [1] nicht aus den Flammen gerettet werden. Die Unterscheidung zwischen menschlichem und nicht-menschlichem Leben macht den Versuch unerträglich, nachempfinden zu wollen, was diese 2000 Lebewesen gefühlt haben müssen. Auch hier stelle man sich vor, es wären 2000 Kinder gewesen. Was macht das Leben eines Ferkels weniger lebens- und erhaltenswert, als das eines kleinen Menschen? Worin begründet sich die gesetzliche Legitimation, eine Anlage für mehr als 70.000 Schweine zu betreiben, die im Brandfall eine vierstellige Anzahl an Lebewesen im Inneren – ohne Möglichkeit des Entkommens – einsperrt? Warum lassen das Recht und die Gesellschaft eine solche Anlage überhaupt zu?
Die Anlage war bereits im Jahr 2015 im Zuge einer ARIWA-Recherche durch Verstöße gegen das „Tierschutzgesetz“ und die „Nutztierhaltungsverordnung“ negativ in Erscheinung getreten. Schon damals wurden zahlreiche Zustände aufgezeigt, die durch Ausnutzung rechtlicher Lücken und Ausbeutung der Schweine bis zum maximal Zulässigen geprägt waren. Schon vor nun mehr als 4 Jahren stellte diese Anlage die Interessen von Lebewesen unabstreitbar unter die Profitgier Einzelner. Inwiefern darf Leid ein Wirtschaftsfaktor sein? Inwiefern möchte unsere Gesellschaft zulassen, dass Leben finanziell aufgewogen werden darf?
Die Massentierhaltung nimmt immer perversere Züge an. Lebewesen werden entindividualisiert, objektifiziert und zu bloßen Produktionseinheiten degradiert. Was lässt uns zwischen Mensch, Schwein und Hund derart unterscheiden, dass uns das Leben dieser 2000 Ferkel irrelevant erscheint? Ein Feuer in einem Tierheim mit 20 verstorbenen Hunden wäre wohl anders wahrgenommen worden.
Ich wünsche mir ein gesellschaftliches Umdenken, ein Ende der »Herrschaft des Menschen« über Natur und Leben. Ich wünsche mir einen gesellschaftlichen Diskurs über das Mensch-Tier-Verhältnis unserer Gesellschaft und ein Ende der Ausbeutung nicht-menschlicher Spezies. Ich wünsche mir, dass uns der qualvolle Tod eines Ferkels genauso berührt, lähmt und beschäftigt wie der Tod eines Menschen, weil uns mehr verbindet, als uns trennt.
Wir alle fühlen, wir alle leiden und wir alle lieben die Sonne auf unserer Haut.
Lasst uns mit Herz und Verstand dafür arbeiten, das Mensch-Tier-Verhältnis umzudenken. Lasst uns das System der Massentierhaltung in die Geschichtsbücher verbannen und für eine Befreiung aller Tiere aus dem tief verwurzelten Speziesismus unserer Gesellschaft eintreten.
[1] : MDR Berichterstattung
0 Kommentare